Gerhard Landgraf, ausführender Architekt des Rundkinos, listet in dieser Chronik alle wichtigen Fakten zum Baugeschehen auf:

Chronik des Filmtheaters Prager Straße in Dresden

Der Grundgedanke
zu diesem Objekt geht auf das Ergebnis eines DDR-offenen Architekten Wettbewerbes von 1969 zurück. Ziel und Aufgabe des neuen Filmtheater sollte ein im hohen Maß selbständiger, kontrastreicher Baukörper sein. Aus städtebaulichen Erwägungen war die Konzipierung eines runden Bauwerkes gewünscht. Die Kapazität des großen Saales sollte mindestens 1000 Besucher umfassen. Das Aufnahmevermögen der Zentralgarderobe musste den Bedarf aller Gäste des Hauses gerecht werden.

Die funktionelle Lösung
Des Hauses ist in den einzelnen horizontalen Zonen ablesbar. Das Kellergeschoss beherbergt die gesamten technischen Anlagen, dabei benötigt die Klimazentrale mit 750 qm den größten Platz. Das Erdgeschoss wurde als reine Funktionszone für Kassen und Garderobe angelegt. Eine kleine Bühne mit 132 Sitzplätzen fand außerdem ihren Platz. Das 1. Obergeschoss lädt mit seinem Foyer und dem dazugehörigen Imbissraum zum Verweilen ein. Ein Klubraum und die erforderlichen Büroräume ergänzen diese Zone. In Höhe des zweiten Obergeschosses liegt der große Saal, der 1018 Besuchern Platz bietet, sowie der dazugehörige Bildwerferraum. Ein Atelier für Kleinwerbung wurde im 3. Obergeschoss angeordnet.

Die konstruktive Lösung
Sieht einen monolithischen Stahlbetonbau mit Mauerwerksausfachung vor. Der Hauptbaukörper wurde als rotationssymmetrischer Zylinder in Gleitbauweise errichtet. Eine Besonderheit stellt das Dach dar. Es ist konstruktiv gesehen eine hängende Schale; ein zentrisches Seilnetzdach, bestehend aus 92 Stahlseilen je 26 mm im Durchmesser mit zwischengehangenen Kasettendachplatten. Um Einflüsse von Außentemperaturschwankungen weitgehend zu vermeiden, wurden die Dächer und der freistehende Zylinder hochwertig dämmend ummantelt.

Die gestalterische Lösung
ist analog der funktionellen Lösung in seiner Gliederung gut ablesbar. Das Erdgeschoss bietet einen großen Teil Glas, unerlässliches Gestaltungsmotiv, um nachts eine Lichtwirkung in den Freiraum der Fußgängerzone der Prager Straße zu bringen. Hinter dem umlaufenden Schmuckband des 1. Obergeschosses, gewissermaßen kaschierend, liegen die Büros, Treppenhäuser und das Foyer. Es wird durch seine starke optisch wechselnde Betrachtungsweise Bestandteil der Betrachtungszone der Passanten. Das Gebäude klingt nach oben mit weiß emaillierten Lamellen aus. Um die Nachtwirkung des Filmtheaters zu erhöhen, wird der obere Gebäudeteil von 72 Acheinwerfern angestrahlt. Die Gestaltung der Innenräume wird von der Erdgeschosszone, im rustikalen Stil, über die wärmer gestaltete Foyerzone hin zum großen Saal geführt, der durch seine Größe und Übersichtlichkeit, die imponierende Deckenlösung und farbige Materialbestimmung den Filmtheaterbesucher beeindruckt. Eine Sitzplatzerhöhung von 120 mm pro Reihe bietet Garantie für gute Sicht von allen Plätzen.


Der zeitliche Projektierungs- und Bauablauf
1968 Aufgabenstellung
1969 – 70 Ausführungszeichnungen
1968 Baubeginn Erschließung
22. 10. 1969 Grundsteinlegung
April – Juni 1970 Gleitbau-Zylinder
Mai 1972 Beginn Innenausbau
7. 10. 1972 Eröffnung und Übergabe an die Bevölkerung


Die beteiligten Projektanten und Partner während der Projektierung

Projektierungsbetrieb:
VEB (B) BKD (Baukombinat Dresden), Betrieb Projektierung

Objektverantwortlicher Architekt:
G. Landgraf Architekt BDA/ DDR

Objektverantwortlicher Innenarchitekt:
T. Wagenführ Dipl. Innenarchitekt

Objektverantwortlicher Statiker:
D. Großmann Dipl. Ing.

(Alle Vorgenannten waren Angehörige des VEB (B) BKD)

Statik des Seilnetzdaches:
Deutsche Bauakademie Berlin

Starkstromtechnischer Teil:
Ing. Winkelmann BKD

Kinotechnik:
VEB Filmtheatertechnik Berlin, Dipl. Ing. Sterzing

Fachliche Beratung des Nutzers:
Techn. Leier Lauterbach, Bereichsleiter Otto

Akustik:
TU Dresden, Prof. Reuchardt

Klimaanlage:
LTA Dresden, Dipl. Ing. Roschitzki

Schmuckbandentwurf:
Künstlerkollektiv Papstein und Gera aus Dresden


Die beteiligten Partner während der Bauausführung

Erschließung:
VEB Verkehrs- und Tiefbaukombinat Dresden

Fundamentarbeiten:
Baugeschäft Fa. Lorenz Dresden

Zylinder:
BMK Hoyerswerda, Abt. Gleitbau Cottbus

Dach:
BMK Hoyerswerda, Spannabteilung

Bauhauptauftragnehmer:
VEB BMK Kohle und Energie Betriebsteil Dresden

Stahlbauarbeiten:
Fa. Hünich + Löwe Dresden

Email-Lamellen:
VEB Stahlwerk Thale/ Hare

Elektroarbeiten:
PHG Licht + Kraft Dresden

Informationsanlagen:
RFT Dresden

Klimaanlagen:
VEB Lufttechnischer Anlagenbau Dresden

Aluarbeiten:
VEB Leichtmetallkombinat Dessau

Kinotechnische Anlagen:
VEB Kinotechnik Dresden

Stuckarbeiten:
VEB BKD-Dresden

Natursteinarbeiten:
VEB Elbnaturstein Dresden

Innenausbau, Dekoration und Boucléarbeiten:
VEB Deutsche Werkstätten Hellerau

Malerarbeiten:
VEB BKD-Dresden

Gestühl:
VEB Sitzmöbelwerk Waldheim

Bildwandkonstruktion:
PGH Thalheim

Dachdeckerarbeiten:
VEB BKD und TGA Dresden

Insgesamt waren 63 Betriebe mit ihren Produktionsabteilungen am Bau beteiligt.


Zahlen, Maße und Verbrauch am Filmtheater Prager Straße:

Durchmesser des Gebäudes:
50.000 mm

Durchmesser des Zylinders:
41.200 mm

Höhe des Gebäudes über Terrain:
21.000 mm

Umbauter Raum des Gebäudes:
39.467 qm

Kosten des Objektes:
14.800.000 Mark

Fläche Lüfterzentrale:
747 qm

Fläche Garderobenhalle:
647 qm

Fläche Kassenhalle:
80 qm

Fläche kleine Bühne:
161qm für 132 Plätze

Fläche Foyer 1. OG:
284 qm

Fläche großer Saal:
1100 qm für 1018 Plätze

Bildwandgröße:
10.000 mm Höhe, 21.000 mm Breite, 2.100 mm Krümmung

Seilnetzdachgröße:
1385 qm, 92 Seile à 26 mm Durchmesser

Schalungsmaterial für Betonarbeiten:
10.000 qm

Stahlverbrauch für
Schmuckelemente 1. OG: 60 t
Emaill-Lamellen: 34 t
Saaldecke: 40 t
Stahl gesamt: 390 t

Zementverbrauch:
738 t für die Herstellung von 2.460 Kubikmetern Beton

Mauerwerk:
850 Kubikmetern

Gipsverbrauch:
209 t für die Herstellung von 5.800 qm Stuckdecken und Rabitzkanäle

Glasverbrauch:
10 t für die Herstellung von 560 qm Fensterflächen

Holz- bzw. Wandverkleidung
Großer Saal: 850 qm Folie
Kleine Bühne: 250 qm Holz (Mahagoni)
Foyer: 1. OG 100 qm Holz (Eiche)

Anschlusswert der E-Anlage:
646,3 KW

Anzahl der Glühbirnen im großen Saal:
638 Stück à 100 W

Anzahl der Scheinwerfer am Ring:
72 Stück à 1.000 W (Halogen)

Das Objekt Filmtheater Prager Straße wurde mit einem Preis im Architekturwettbewerb der DDR 1972 ausgezeichnet.

G. Landgraf
Architekt BDA/ DDR

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